„Geborgenheit bedeutet, jemanden mit ganzem Herzen zu umarmen, ihm aber jederzeit die Möglichkeit zu geben, diese Umarmung zu lösen.“ (Birgit Ramlow)
Definition aus der Praxis
„Partizipation ist vielmehr als nur eine partielle Beteiligung, die ein Mitentscheiden oder Mitwirken mit einer gewissen Beliebigkeit mal zulässt und mal nicht. Die Grundhaltung für partizipative Prozesse ist, die Kinder als Experten in eigener Sache zu sehen. (…) Dabei hat Beteiligung auch immer mit Machtabgabe zu tun. Erwachsene verzichten bewusst auf einen Teil ihrer Macht. (…) Dazu gehört viel Zutrauen in die Kinder. (…) Auch die Kinder müssen erst einmal lernen, mit der neuen Macht, die sie erhalten, umzugehen. Dafür brauchen sie die aktive Unterstützung durch Erwachsene.“
(Definition aus der Praxis: Schubert-Suffrian, F./Regner, M. (2015): Partizipation in Kita und Krippe; kindergarten heute, praxis kompakt, Themenheft für den pädagogischen Alltag. Freiburg: Verlag Herder, S. 5)
Partizipation im Alltag leben
Wir teilen Verantwortung mit den Kindern, auch indem sie Aufgaben für unsere Gemeinschaft übernehmen, z.B. feste Aufgaben bzw. Dienste bekommen, wobei sich ein Vorschulkind mit einem anderen Kind die Verantwortung für einen Dienst teilt. Zu den Örtlichkeiten, in denen ein Dienst stattfindet, gehören das Gruppenzimmer mit den verschiedenen Ecken sowie die Garderobe. Die „großen“ Kinder übernehmen in Form von Patenschaften für ein „kleines“ Kind die Verantwortung für ein ganzes Kindergartenjahr, damit sich ein neues Kind gut in den Kindergarten einleben kann.
Wir wissen, dass Kinder ihren Willen auf vielfältige Weise äußern.
Durch Weinen, Schreien, Wutanfälle, Stampfen, Stoßen, Spielzeug werfen, Schlagen, Zornen, Bockig sein. Durch die Sprache „Ich will…“, „spielst du mit mir“, Mimik und Gestik.
Bei uns haben Kinder Einfluss.
Die Kinder dürfen z.B. den Speiseplan mitgestalten, das heißt, sie dürfen Nachtische auswählen und Lieblingsspeisen vorschlagen.
Wir gehen rücksichtsvoll mit besonderen Anliegen und Einzelmeinungen um.
Wir akzeptieren unterschiedliche Gebetshaltungen und halten bestimmte Regeln (kein Schweinefleisch, Gummibärchen…) bei muslimischen Kindern ein. Die Eltern können ihre Anliegen jederzeit mitteilen (Tür- und Angelgespräche) oder haben die Möglichkeit einen Gesprächstermin zu vereinbaren. Besondere Anliegen werden im Team besprochen.
Kinder wie Erwachsene erinnern sich gegenseitig an Grenzen und Regeln, wenn diese nicht eingehalten werden.
Es gibt z.B. einen Regelkäfer oder visuelle Formen, die alle an bestimmte Regeln erinnern. Diese Regeln werden mit den Kindern erarbeitet und mit Hilfe von Bilderbüchern und Fotos erklärt sowie aufgezeigt. Die älteren Kinder erinnern, durch Aufsagen bzw. Aufzeigen der Regel die jüngeren Kinder. Die Kinder dürfen durch Handzeichen „Halt! Stopp! Das will ich nicht!“ einem anderen Kind oder Mitmenschen seine Grenzen aufzeigen.
Wenn Kinder sich beschweren, finden wir mit ihnen heraus, worum es ihnen geht.
Bei auftretenden Beschwerden, Konflikten, Problemen hören wir den Kindern zu und unterstützen sie darin einen Lösungsweg zu finden und diesen selbstständig umzusetzen.
Gemeinsam getroffene Entscheidungen gelten für alle, bis neue getroffen werden.
Regeln und Grenzen werden mit den Kindern gemeinsam besprochen, ebenso die Konsequenzen bei Verstoß dieser Regeln.
Wir befragen alle Kinder bei anstehenden Entscheidungen, die sie betreffen (z.B. in Bezug auf Spielbereiche im Garten). Bei verschiedenen Aktionen gibt es Wahlmöglichkeiten für die Kinder. Auch stimmen die Kinder über Entscheidungen ab, z.B. mit Hilfe von Steinen oder Kinderzahlen. Sehr wichtig ist auch das Freispiel, da die Kinder hier entscheiden können, wie sie ihren Vormittag gestalten wollen, mit wem sie spielen, und was sie spielen möchten.
Kinder setzen bei uns ihr Recht auf Beteiligung um.
Dies zeigt sich durch Stuhlkreise, in denen Kinder ihre Ideen und Wünsche einbringen können. Ebenso bei der Gestaltung der Essenspläne, da Kinder äußern, was ihnen schmeckt oder was sie gerne ausprobieren möchten. Hierzu nutzen die Kinder Wahloptionen, wie z.B. Punkte kleben, Handzeichen und Befragungen.
Bei uns entwickeln Kinder ihre Ideen gemeinschaftlich und probieren sie eigenständig aus.
Durch das Gestalten pädagogischer Angebote und die Teilnahme der Kinder Projekte mit den Pädagogen zu entwickeln, fördern wir die Interessensbekundung der Kinder und zeigen auf, was ihnen wichtig ist und warum. Der Alltag ist ein effektiver und wichtiger Lernbegleiter, dort werden die Kinder ermuntert mitzuentscheiden. Hierfür ist das Freispiel eine wichtige Komponente, da die Kinder dort Demokratie und freie Entscheidungen spielerisch leben. Sie entscheiden, wer ihre Spielpartner sind und wie bzw. was sie spielen möchten. Die Kinder müssen sich mit Meinungen anderer (Spielpartner) auseinandersetzen und Kompromisse verhandeln. Dadurch entscheiden sie selbst, Regeln werden festgelegt und auch Konflikte ausgetragen.
Die Ideen der Kinder führen bei uns zu Veränderungen.
Entwicklung findet immer statt. Dies ist auch zu spüren, indem wir Ideen und Anmerkungen aller ernst nehmen, hören und entwickeln. Hierfür führen wir Interviews, Gesprächsrunden und Befragungen durch. Wesentlich ist es zu beobachten und aufmerksam zu sein. Den Kindern sollen Methoden an die Hand gegeben werden, damit sie selbst Ideen und Wünsche entwickeln können. Sie sollen lernen, sich auch kritisch äußern zu dürfen, erleben, dass sie gehört und ihre Wünsche umgesetzt werden – wenn möglich. Dies zeigt sich z.B. durch Umgestaltung der Gruppenräume und einer Gestaltungsecke, welche für alle Kinder in Kleingruppenarbeit zugänglich ist.
Quelle:
www.duvk.de – Für eine Kultur des Mitgestaltens
Schubert-Suffrian, F./Regner, M. (2015): Partizipation in Kita und Krippe. kindergarten heute, praxis kompakt, Themenheft für den pädagogischen Alltag. Freiburg: Verlag Herder